Jakob der Lügner
Jakob der Lügner
Jurek Becker – gelesen von August Diehl
Die Geschichte des Juden Jakob Heym, der im Ghetto einer polnischen Stadt zum Lügner wird, um anderen Hoffnung zu schenken.
Die Rote Armee ist nur noch wenige hundert Kilometer entfernt, diese Meldung hat Jakob zufällig vernommen. Mit der Aussicht auf baldige Befreiung wird ein Morgen wieder vorstellbar, deshalb will Jakob die frohe Botschaft mit seinen Mitgefangenen teilen. Damit sie ihm glauben, behauptet er, ein Radio zu besitzen. Weil die Ghettobewohner nun täglich mehr erfahren möchten, bleibt Jakob nichts anderes übrig, als weitere gute Nachrichten zu erfinden – was eine Reihe tragisch-komischer Ereignisse provoziert.
Jurek Beckers außerordentlicher Debütroman, 1969 erschienen, wurde in 23 Sprachen übersetzt und zwei Mal verfilmt. Nun liegt erstmals eine ungekürzte Lesung von »Jakob der Lügner« als Hörbuch vor.
Der Autor
Jurek Becker wurde am 30. September 1937 in Lodz/Polen geboren und starb am 14. März 1997 in Sieseby/Schleswig-Holstein. Von 1939 bis 1945 wuchs Becker im Ghetto in Lodz auf und wurde später in den Konzentrationslagern Ravensbrück und Sachsenhausen inhaftiert. 1945 siedelte er in den Ostteil Berlins über, wo er von 1957 bis 1960 Philosophie an der Humboldt-Universität studierte. 1960 wurde Becker aus politischen Gründen vom Studium ausgeschlossen und ging an die Filmhochschule Babelsberg. Becker ist Autor zahlreicher Drehbücher. 1969 wurde sein erster Roman veröffentlicht – Jakob der Lügner wurde weltbekannt. Jurek Beckers Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Adolf-Grimme-Preis in Gold und dem Bundesverdienstkreuz.
Der Sprecher
August Diehl studierte an der Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch« in Berlin Schauspiel. Er ist in zahlreichen nationalen und internationalen Film- und Fernsehproduktionen zu sehen und war festes Ensemble-Mitglied des Burgtheaters in Wien.
Das Cover
Das Cover ist trist und grau. Die Bäume spielen im Buch eine Rolle, obwohl sie eigentlich gar nicht da sein dürften. Aber hier müsste ich zu viel Spoilern, um das zu erklären. In der Mitte Jurek Becker. Insgesamt finde das Cover sehr gelungen.
Die Geschichte (Achtung Spoiler!)
Jakob der Jude lebt in einem Ghetto, indem er und viele andere auf den Abtransport warten. Als er sich auf der Wache melden muss, hört er im deutschen Radio von einer Schlacht um Bezanika. Dieses Wissen schmückt er damit aus, dass er erzählt, die Russen und die Befreiung sei nicht mehr weit weg. Er verteilt damit Hoffnung und hält andere Menschen davon ab, ihrem Leben ein Ende setzen zu wollen. Er erfindet immer neue Geschichten und behauptet, er hätte ein Radio. Damit wird sein Radio zum Hoffnungsträger. Irgendwann gibt er dann zu, gar kein Radio zu besitzen, aber keiner will ihm glauben. Die Juden werden dennoch abtransportiert und die Russen kommen, aber sie kommen leider viel zu spät.
Meine Meinung
Dieses beeindruckende Werk wurde schon so oft besprochen, denn das Buch ist lange bekannt. Wie ich gelesen habe ist es auch im Schulunterricht im Einsatz. Außerdem ist der Autor ein Künstler des Erzählens, sodass ich keine übliche Rezension verfassen möchte.
Die Geschichte wird von einem Erzähler vorgetragen, der Jakob kennt und diesem ganz nahe ist. Das Buch hat relativ wenig Dialoge und deshalb liegt die Konzentration auf dem Erzähler. Der Autor schildert die Geschehnisse rund um Jakob Heym und andere Bewohner in einer großartigen, lebhaften und bildhaften Darstellung, dass die Gänsehaut und das Mitgefühl sich als Dauergast einmieten. Man blickt in die Seelen und die Geschehnisse jener Zeit. Jurek Becker kann das so genau und so präzise berichten, weil er selbst in einem Ghetto war. Beeindruckend auch, wie die Lüge zur Wahrheit und die Wahrheit zur Lüge wird. Ein vielfach ausgezeichneter Autor, der von mir nicht rezensiert werden muss. Seine Lebensleistung und sein Erfolg sprechen für sich. Ein ergreifendes Buch, das jeder einmal gelesen haben sollte.
Wer aber diese Erzählung mit einem weiteren Tiefgang anreichern möchte, der sollte zu dem neuen Hörbuch greifen. Zum ersten Mal liegt eine ungekürzte Fassung vor. Der Schauspieler August Diehl versteht es, die Geschichte auf zurückhaltende Art, mit kraftvoller Stimme zu einem Hörgenuss werden zu lassen.
Ich spreche eine nachdrückliche Empfehlung aus.
friedericke von „friederickes bücherblog“