Die Kinder von Beauvallon

Die Kinder von Beauvallon

Rezension: Die Kinder von Beauvallon

Rezensionstitel: Das Überleben in der Dunkelheit

5 Sterne

Das Cover:

Das Cover zeigt ein Original-Foto. Fünf Kinder vor der Schule in Beauvallon. Kinder, in deren Gesichtern sich Gefühle widerspiegeln, die unterschiedlicher nicht sein können. Zusammen mit dem Klappentext, der Zeitgeschichte, sowie den wahren Begebenheiten, ist es eine in sich stimmige und perfekte Buchpräsentation.

Die Geschichte:

Agnes, eine Radiomoderatorin aus Freiburg, reist 1965 nach Dieulefit, um über die Besonderheit dieses Ortes zu recherchieren. In diesem kleinen Dorf fanden während des Krieges sehr viele Flüchtlinge Zuflucht und wurden von couragierten Dorfbewohnern versteckt. In der nahen Schule von Beauvallon sorgten ebenso mutige Lehrkräfte für den Schutz zahlreicher jüdischer Kinder. Das alles war sehr riskant und bedurfte viel Mut im Zeichen des Widerstandes. Was würde Agnes herausfinden? War Lilly, ihre Freundin aus Kindertagen vielleicht auch hier? Sie hatte ihr damals versprochen, dass sie sich wiedersehen werden. Wird sie sie finden, oder hat auch Lilly ihr Leben verloren?

Meine Meinung:

„Wir werden es wieder zusammenkleben.“ Dieser Satz aus dem Prolog, brannte sich bei mir ein, und hat mich bis zum Ende des Buches nicht mehr losgelassen. Es geht dabei, um ein in der Mitte auseinandergerissenes Bild von zwei kleinen Mädchen, die Freundinnen waren, welches als Erinnerung, an die jeweils andere diente. Lilly war in diesem Moment auf einem Lastwagen, der sie wegbrachte, ohne zu wissen wohin. Und Agnes muss dabei zusehen, als die Freundin gänzlich aus ihrem Leben fuhr.

Es handelt sich hierbei um die beiden Hauptfiguren des Romans, die mich beide emotional über die gesamte Buchlänge angefasst haben. Aber auch alle anderen Protagonisten sind mit so viel Feingefühl ausgearbeitet und Tiefgang ausgestattet, dass ich beim Lesen glaubte, bis in ihre Seelen schauen zu können. Sie haben mich allesamt an ihren Gefühlen, Gedanken, ihrem Schmerz und an ihrem Handeln teilhaben lassen.

Bettina Storks Sprache ist ganz besonders. Sie sorgt für ein Lesevergnügen, das unter die Haut geht. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Die Schauplätze, die Orte, die jeweiligen Regionen, sind bis ins kleinste Detail bildhaft beschrieben.

Die Geschichte wird abwechselnd über zwei Zeitebenen erzählt. In den 40er-Jahren begleite ich Lilly und andere Kinder auf ihrem Schicksalsweg und ich frage mich, wie so oft, wenn es um diese Themen geht, wie so etwas geschehen konnte. Wie konnte so vielen Menschen so viel Leid zugefügt werden? Und wie schwer musste es für Kinder gewesen sein, die sich von ihren Eltern verabschieden mussten?

Und in den 60er-Jahren begab ich mich mit Agnes, die beim Radio arbeitet, auf eine Zeitreise in die Vergangenheit. Als sie in Dieulefit recherchiert, trifft sie auf Menschen, deren Lippen weitgehend verschlossen sind. Sie spürt, dass jedes Wort ein falsches Wort sein könnte, bei all dem, was den Menschen in dieser Zeit angetan wurde. Ein Spagat. Und dann waren noch Menschen in verantwortlichen Positionen, die mit aller Macht versuchten, eine Reportage zu verhindern. Sie hatten ihre Vergangenheit zugedeckt und wollten nicht, dass diese Decke angehoben wird. Aber Agnes kann auch die Gelegenheit nutzen, um nach ihrer Kinderfreundin Lilly zu suchen, was ihr sehr wichtig ist.

Die Fiktion eines Romans mit geschichtlichen Vorbildern und dieser besonders schmerzhaften Zeitgeschichte, so speziell, so emotional und so authentisch zu verbinden, ist nicht nur intensive und akribische Recherche. Es ist großes Können. Es ist mir immer eine große Freude, Bücher der Autorin zu lesen. Danke Bettina Storks.

Mein Fazit:

Ein ergreifendes Buch, das unbedingt in jedes Bücherregal gehört. Es hält die Zeitgeschichte wach und führt uns vor Augen, was Menschlichkeit, gerade auch für Kinder bewirken kann. Ein ganzes Dorf hat mitgeholfen. Es war das Wunder des Schweigens.

Ganz sicher ein Lesehighlight 2023. Das Buch bekommt eine ausdrückliche Leseempfehlung.

 

Heidelinde von Friederickes Bücherblog

 

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