Fast eine Familie

Fast eine Familie

Fast eine Familie

Bill Cleggs

Ein gefeierter Familienroman über die Macht des Mitgefühls, in dessen Kern die Familie steht – die, in die wir hineingeboren werden, und die, die wir selbst wählen. Am Morgen der Hochzeit ihrer Tochter geht June Reids Haus in Flammen auf und reißt ihre ganze Familie in den Tod. Nur June überlebt. Taub vor Schmerz, setzt sie sich in ihren Subaru und fährt quer durch die USA. Eine alte Postkarte ihrer Tochter führt sie in ein kleines Motel an der Westküste, das Moonstone Motel, wo sie sich unter falschem Namen einmietet. Hier, glaubt sie, wird niemand sie finden. Das amerikanische Provinznest Wells überschlägt sich derweil vor Gerüchten. Alle sind auf die eine oder andere Art von der Tragödie betroffen, und das Kleinstadtgerede offenbart allmählich eine unheilvolle Verkettung von Familientragödien. Während June in der dumpfen Anonymität des Motels jeden zwischenmenschlichen Kontakt meidet, spannt sich unter ihr unbemerkt ein Netz wahrer Mitmenschlichkeit – es könnte sie auffangen und zurück ins Leben holen. Ein Familienroman voller Optimismus über eine unverhoffte Begegnung mit der Menschlichkeit, die uns aus den Trümmern unseres Schicksals zu reißen vermag, wenn scheinbar alle Hoffnung verloren ist.

Bill Cleggs „New York Times“-Bestseller „Fast eine Familie“ wurde hymnisch besprochen und mit einer Man-Booker-Nominierung geehrt.

Der Autor:

Fast eine Familie ist Bill Cleggs erster Roman. Er stand auf der Bestsellerliste der New York Times, wurde von der amerikanischen Presse gefeiert und für die zwei wichtigsten Literaturpreise der englischsprachigen Welt nominiert: den Man Booker Prize und den National Book Award. Bill Clegg wuchs an der Ostküste der USA auf und arbeitet heute als Literaturagent in New York City. Aus dem Amerikanischen von Adelheid Zöfel.

Rezension Fast eine Familie

Die Macht der Gefühle

4 Sterne

Das Cover:

Das schlichte Cover in Blautönen zeigt ein Haus mit einem erleuchteten Fenster, dahinter ein Mensch, der meines Erachtens symbolisch für die Familie steht. Dazu dunkle Wolken und ein Sonnenuntergang – beides interpretiere ich als einen Hinweis auf das Schicksal dieser Familie. Insgesamt sehr ansprechend und gelungen.

Die Geschichte (Achtung: Spoiler):

Die Geschichte erzählt das Schicksal von June Reid und ihrer Familie. Am Abend vor der Hochzeit ihrer Tochter proben sie zusammen in ihrem alten Familienhaus die Abläufe der geplanten Festlichkeiten. Doch in der darauffolgenden Nacht gibt es eine Explosion, bei der die im Haus befindlichen Familienmitglieder, Tochter Lolly und der zukünftige Schwiegersohn Will ums Leben kommen. Auch Junes Ex-Mann Adam sowie ihr Freund Luke sterben. June selbst überlebt als Einzige.

In ihrem unendlichen Schmerz setzt sie sich ins Auto und fährt einfach los. Eine Postkarte ihrer Tochter zeigt ihr nach einiger Zeit den Weg in ein kleines Motel. Sie hofft, dass sie dort in ihrer Anonymität bleiben kann und sie niemand finden wird. Während in dem kleinen Heimatort die Gerüchteküche kocht, breitet sich nach und nach zwischen den Lebensläufen der verschiedenen Figuren ein feines Netz der Menschlichkeit aus, das durchaus die Kraft hat, June ins Leben zurückzuholen.

Meine Meinung:

 

Ich bin aufgrund der Auszeichnungen und der Vorschusslorbeeren mit einer großen Erwartungshaltung an das Buch herangegangen.

Der Schreibstil ist anspruchsvoll und geht in die Tiefe. Etwas anstrengend fand ich für das Auge, dass die wörtliche Rede kursiv (ohne Anführungszeichen) gesetzt wurde und sich von den sehr langen Erzählpassagen optisch nicht genügend abhob.

 

Der Roman wird in der „Ich“-Form zunächst scheinbar ziemlich zusammenhanglos und ohne Chronologie von verschiedenen Erzählern vorgetragen. Dies erforderte meinerseits sehr viel Geduld, weil neu hinzukommende Figuren nicht eingeführt werden, sondern sofort aus ihrem Leben plaudern und gleichzeitig ihr persönliches Umfeld ausbreiten, sodass immer mehr Figuren involviert sind. Dadurch war es für mich anfänglich sehr schwer, mich in die Geschichte hineinzulesen, und ich muss ehrlich gestehen, dass ich das Buch an der einen oder anderen Stelle gerne weggelegt hätte, was ich später – wie ich jetzt weiß – zutiefst bereut hätte.

Ganz langsam setzten sich nämlich die Puzzleteile zusammen und förderten zutage, dass in dem kleinen Dorf fast jeder mit jedem etwas zu tun hatte und an dieser Katastrophe irgendwie nahe dran oder gar beteiligt war. Es stellte sich heraus, dass manch einer innerhalb und außerhalb der Familie durch eine falsche Entscheidung dazu beitrug, dass es zu einer Änderung von Lebenswegen oder zu dem Drama im Besonderen kommen konnte. Stückchen für Stückchen gelangt die Wahrheit über die Geschehnisse ans Licht, und ganz langsam werden die feinen Fäden gesponnen, die dann schließlich zum Ende der Geschichte führen.

 

Fazit: Es ist ein völlig anderer Roman. Er kümmert sich nicht um die Fortschreibung der Geschichte, ausgehend von den Ereignissen rund um die Explosion. Es gibt auch keine Recherchen und Ermittlungen zu dem Unglück. Viele Figuren gestatten den Blick auf ihre Kindheit, ihr Leben, auf die nachbarschaftlichen Beziehungen und die familiären Verknüpfungen, die zugegeben manchmal sehr weit hergeholt wurden, später jedoch zum Gesamtbild gehörten. Durch diese Vielschichtigkeit zwangen sie mich, sehr intensiv zu lesen, damit ich alles richtig einordnen konnte. Und trotzdem wollte ich immer wissen, wie es weitergeht, fand es immer spannender und war am Ende fasziniert, wie perfekt es dem Autor gelang, die Fäden zusammenlaufen zu lassen und menschliche Fehltritte, Schuld und Vorurteile sowie familiäre Probleme umzuwandeln in das Verzeihen und das Auflösen von Verstrickungen.

Es handelt sich nicht um leichte Unterhaltungslektüre, sondern um einen anspruchsvollen, tiefgründigen und gewaltigen Roman, der die Macht der Gefühle nachzeichnet und dem ich sehr gerne eine Leseempfehlung gebe.

 

Friedericke von „friederickes Bücherblog

 

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